Gar nicht so einfach, die Sache mit dem Lob und dem Tadel. Und dann kommt ja noch die Konsequenz dazu. Dieses Dreiergespann zu beherrschen ist nicht einfach, soll aber der Schlüssel zum Erfolg sein – sagen die meisten Pferdebesitzer.
Wir waren heute mit unsern beiden Fellnasen spazieren. Die Sonne hatte zwar schon in den letzten Zügen gestrahlt, aber es war noch angenehm warm. Als wir uns dann auf den Weg den Berg hinauf machten, mussten wir feststellen, dass unsere Pferde wohl heimlich Solarzellen unter dem Fell versteckt hatten – voll aufgeladene Batterien verliehen den Beiden einen echt dynamischen Schwung – vorsichtig beschrieben…
Na gut, dann waren wir halt schnell oben angekommen, und vom Wald heraus auf eine Wiese getreten. Warum mein Pferd dann plötzlich meinte, dass es sich aus ein paar vorpreschenden Sätzen heraus völlig unkontrolliert direkt auf die Wiese legen solle, weiß ich nicht. Er wusste es wohl auch nicht, wenn ich den Ausdruck meines Pferdes richtig gelesen habe. Wäre jetzt Tadel eine richtige Reaktion gewesen? Oder war da doch der unsichtbare Pferdeschrecker am Werke, den nur die Pferde, aber niemals wir Menschen sehen können?
Hat dann ein paar Sekunden gedauert, bis sich die Salzsäule wieder in ein Pferd verwandelt hatte. Für die nächsten Meter war dann ein lammfrommes Fohlen neben mir, wurde auch dafür gelobt. Leider genau in dem Moment, als Ray den Pferdeschrecker sah und ein paar schnelle Schritte machte – Ferdinand hinterher, hatte ihn ja schließlich gerade gelobt dafür 😫. Uff, dann halt wieder Pferd einbremsen und meckern. Verstehen Pferde eigentlich unsere Sprache?
Um die aufgestaute Energie wenigsten etwas abzubauen habe ich dann beide Pferde genommen und bin losgejoggt. Beide Pferde sind willig und so schön gleichmäßig hinternebenher, dass ich gar nicht merkte, dass wir Julia verloren hatten. Die Arme war viel zu warm angezogen und kam dann irgendwann nach, während wir (die Fohlen und ich) an einem Stall mit ein paar anderen Pferden (sozusagen unsere Nachbarn) auf sie warteten.
Auch wenn die beiden Fohlen gerade mal 8 Monate alt sind, wissen beide schon sehr genau, wie posen funktioniert. Ray kann sich so herrlich aufplustern und den Schweif hochwerfen, Ferdinand hingegen wird zum Muskelpaket und spannt alles an, was sich anspannen lässt – trotzdem bleibt ein lässiger Gang übrig. Hää, wie geht das denn? War anschließend gar nicht so einfach, den König und den Bodybuilder vom Weitergehen zu überzeugen, aber wir haben es dann doch geschafft. Ob wir wohl auch mal von unseren Pferden gelobt werden?
Die nächsten Kilometer waren schnell abmarschiert, bevor es wieder in den Wald reinging. Aufgetauter, matschiger Waldboden – hmm, schlechte Erinnerungen kommen hoch. Dazu immer wieder gefrorene Stellen, an denen das Wasser steht. Also mit aller Vorsicht rauf auf den schmalen Weg, eigentlich nur ein Trampelpfad. War mir spätestens jetzt sicher, das Pferde unsere Sprache nicht verstehen, denn es ging zuweilen trotz gutem Zureden sehr zügig durch’s Waldholz… Mein Kleiner muss unbedingt die Sache mit dem Bremsen bei abfallendem Gelände noch besser lernen und vor allem verstehen. Werden wir unbedingt in den nächsten Wochen üben müssen, sonst liegen wir beide doch noch auf dem Waldboden. Die nächsten Abstiege waren dank gutem Zureden und ein wenig (mehr) Arbeit an Strick und Halfter dann schon viel besser. Zu Belohnung gab’s endlich eine Fresspause mitten im Unterholz.
Kurze Zeit später waren wir raus aus dem Wald. Doch der Weg zurück hatte es in sich. Der liegt nämlich in einem kleinen Tal, das den ganzen Tag keine Sonne gesehen hatte – und alles war spiegelglatt gefroren. Hossa, jetzt bloß keine nervösen Bewegungen – und warum überholt mich mein Pferd auf einmal? Der Arme hat kein ABS, hat sich aber gefangen, ohne auf die Schnauze zu fallen. Nicht nur wir Menschen können so gut wie alle Gelenke in den Beinen ausschalten – Pferde können es offensichtlich auch. Ein eleganter Gang sieht sicher anders aus, aber der stacksige Gang war einfach zweckmäßig.
Irgendwann hat mein Pferd kapiert, dass es hinter mir eigentlich recht sicher ist. Zuvor war es mehr der Pfadfinder, von einer Eisplatte auf die andere schlitternd, immer kurz vor dem Umkippen. Mit der Erleuchtung kam dann die Entspannung, weil es jetzt ja einen gab, der vorausläuft. Und den man immer wieder mit der Schnauze anschieben konnte. Naja, wie schon eingangs erwähnt – die Sache mit der Konsequenz… Einerseits ist es unheimlich lieb und fast schon herzerweichend, wenn dir (d)eine weiche, warme Fellnase (in aller Freundlichkeit und ohne Drängelei , wohlgemerkt!) sagt: geh bitte schneller. Andererseits ist es ein Verhalten, das bestimmt nicht belohnt werden sollte. Also umdrehen, kurz klarstellen, dass das so nicht geht und – in Augen schauen, die die Welt nicht mehr verstehen. Scheiß Konsequenz, jetzt halte dich mal in so einer Situation an deine Worte. Runterschlucken, zurückdrehen und weitergehen – und nach 10 Metern umdrehen und loben und knuddeln. Und dein Gewissen und deine Seele sagen gemeinsam danke zu dir.
Kurz vor dem Ende des Waldweges wartete dann noch eine Challenge auf uns – ein Traktor mitten auf dem Weg. Und das auch noch mit laufendem Motor! Links und rechts nur einen Meter Platz. Die beiden Kleinen waren echt nervös. Aber mit gutem Zureden sind wir dem Monster Meter für Meter näher gerückt – und nach kurzer Zeit sogar daran vorbeige-rannt. Ziel wäre ja vorbeilaufen gewesen… Aber angesichts dessen, dass der ganze Vorgang nur ein oder zwei Minuten gedauert hatte und beide sofort nach dem Traktor von alleine angehalten hatten, bekamen beide ein Lob. Sind schon echt coole Hufe, die wir da haben.
Zurück zum Stall dann der übliche Weg, wenn auch noch immer a…glatt. Kurzer Boxenstop am Bach, Ferdinand macht ihn wie immer fast leer (wohin schiebt dieses kleine Pferd so viel Wasser?) und Ray kann noch immer kein Wasser ab. Die letzten Meter vor der Weide wollte Ferdinand nochmal antraben, habe da spontan mitgemacht. Uuups. Da war sie wieder, sie Sache mit der Konsequenz. Eigentlich hätte ich ja das Kommando geben sollen, aber hey, wir sind halt ein Team und verstehen uns blind. So zumindest meine Ausrede dazu…