Die Sonne scheint heute besonders golden am Stall. Unsere beiden Fellnasen stehen auf der Weide und genießen die Wäre, sind immerhin fast 8° Celsius und das am Rande der Alpen am 4. Advent…
Wir haben trotzdem beide von der Koppel geholt und erst mal geputzt. Habe noch immer nicht herausgefunden, welchen Kniff die Natur in ein Pferdefell eingebaut hat, damit es solche Massen an Sand und Erde speichern kann. Sollte ich es jemals herausfinden, mache ich eine Firma für Reinigungsartikel auf, denn mit diesen Eigenschaften reicht ein Putzlappen für’s ganze Haus – ohne Wenden, auswaschen und all die Mühen, die man(n) mit dem herkömmlichen Zeugs hat.
Aber weiter. Nachdem wir also viel Oberfläche gesäubert hatten, machten wir die beiden mit unserem Pferdehänger bekannt. Eigentlich kennen beide das Teil, sind ja bereits einige Stunden dringestanden. Doch dieses Mal habe ich die Trennwand nicht entfernt, sah also alles wieder ganz anders aus und entsprechend vorsichtig haben die beiden das Teil bewundert. Hat aber nicht lange gedauert, dann standen beide mit den Vorderfüßen auf der Rampe. Naja, lag vielleicht auch am ganz frischen Stroh, das ich extra reingepackt hatte. Fressen funktioniert immer – irgendwie.
Viel weiter rein ging’s dann aber nicht mehr und wir wollten die beiden ja nicht zwingen, also Abbruch und raus auf die Straße für einen (geplant) kurzen Spaziergang. Kam leider anders.
Runter bis zur Straße war alles fein, aber danach! Wir haben zur Abwechslung mal die andere Richtung eingeschlagen als wir sonst gehen. Die Straße führt in den nahen Nachbarort und wir dachten, es sei eine gute Idee, unsere beiden Jung(s)pferde entlang der Straße zu führen. Entweder hat die Sonne zu viel gestochen oder der Verkehr bzw. die vielen Fußgänger war/waren zu aufregend, jedenfalls haben beide sich recht unruhig und schreckhaft verhalten.
War so ziemlich alles dabei, Angaloppieren, Steigen, schlagartiges Wenden, Kopfschütteln, Ausschlagen – hab‘ ich was vergessen? Wir haben dann kurzerhand beschlossen, das Theater zu beenden und beide recht kurz genommen. Das ging dann zu unserer eigenen Überraschung sofort wieder recht gut – warum auch immer, wir haben nichts an Körpersprache oder dem Tonfall geändert… Sogar ein entgegenkommender Schäferhund (an der Leine) war auf einmal kein Problem mehr, obwohl der Wauwau reges Interesse an den beiden hatte.
Also haben wir einen anderen Weg gewählt. Nachdem beide so energiegeladen waren, haben wir sie antraben lassen und sind ein paar hundert Meter im schnellen Trab die Straße entlang. Immer wieder kam dann aber doch der Übermut bei den Pferden durch und ich war recht froh an meinem langen Strick. Dabei war’s aber nie ein Problem, meine kleine Dampfwalze zu bremsen – ein leises Brrr reicht (noch) immer aus, und Ferdinand weiß, was zu tun ist. Das schöne dran ist, dass er es auch macht.
Wir sind dann ganz gemütlich in den Wald geschlendert und haben uns vorgenommen, auch mal ins Unterholz einzusteigen. Fast hätte das laute Wiehern von Aragon (den haben wir auf der Weide gelassen) unsere beiden dazu gebracht, nicht weiter mit uns zu gehen. Wenn Papa ruft, sollte man folgen. Nur müssen unsere beiden noch lernen, wer denn genau der Papa (oder die Mama) ist.
Haben wir mal kurz klargestellt, danach ging’s weiter rein in den Wald. Den ersten Schlenker durchs Unterholz fanden beide noch toll, beim zweiten Versuch an anderer Stelle hat sich mein Kleiner auf einmal zur Salzsäule verwandelt. Ist aber auch gemein, wenn 4-5 hauchdünne Zweige eines abgestorbenen Busches den Rückweg eines 200 Kilo schweren Pferdes versperren! Keine Chance, meinem Angsthasen klarzumachen, dass die Büsche nicht beißen und auch nicht nachtreten. Erst als Julia mit Ray voranging, folgte auch Ferdinand hinterher – aber mit gehörigem Respekt und Misstrauen. Kaum am Busch vorbei wurde der Turbo gezündet und mit ein paar strammen Sätzen waren wir beide wieder auf dem Weg. Wie genau das ging, kann ich leider nicht mehr rekonstruieren, war irgendwie zu schnell für die aktive Wahrnehmung…
Nachdem die beiden nun auf Betriebstemperatur waren, haben wir sie nochmals antraben lassen. Hatte dabei das erste Mal das Gefühl, dass sich Ferdinand’s Trab von einem stacksigen Beine-schnell-bewegen in ein koordiniertes Bewegungsbild wandelt. Fühlte sich weich und angenehm an, und auch die Atmung war um einiges gleichmäßiger als zuvor. Nur einen gemeinsamen Rhythmus müssen wir noch finden, aber daran lässt sich feilen.
Ein kurzer Stopp am Erlebnispfad und eine kleine Einheit „Zwischen den Baumstümpfen durchgehen“ war dann aber augenscheinlich doch zu viel. Hatte ein total plattes Pferd am Seil, also haben wir den Rückweg angetreten. Kaum waren wir wieder auf bekannten Terrain, war vom müden Pferd nix mehr übrig. Munter und aufmerksam trabten wir dem Stall entgegen (das 3. Mal heute, neuer Rekord!), zumindest bis zum leichten Anstieg vor der Stallzufahrt. Bergauf scheint mein Pferd aus dem Schwarzwald nicht besonders zu mögen. Oder ist’s doch kein Schwarzwälder?